Dümmliches Deutschland
Resümee zur deutschen Außenpolitik anlässlich des zweiten Jahrestages des Irakkrieges

von Hartmut Hannaske

Gerade hat Altbundeskanzler Helmut Kohl bei einer Rede zum 60-jährigen CDU-Jubiläum die aktuelle Politik der rot-grüne Bundesregierung mit den folgenden Worten beschrieben: "Dort verbreiten dümmliche Gestalten einen noch dümmlicheren Antiamerikanismus".

Das sind deutliche und passende Worte zum unglaublichsten Skandal in der deutschen Nachkriegsgeschichte, der dadurch noch unglaublicher und größer erscheint, dass ihn bisher weder die Spitzen der CDU, CSU und FDP-Opposition noch ihr neuer Bundespräsident oder Medien in ausreichend scharfer Form beim Namen genannt haben.

Da musste erst wieder der letzte deutsche Kanzler mit Format kommen, um Klartext zu reden, weil außer ihm scheinbar niemand mehr dazu in der Lage ist, ganz zu schweigen von der Fähigkeit zum richtigen Handeln. Man stelle sich nur vor, die "Experten" von Rot-Grün hätten anstelle von Kohl die Wiedervereinigung managen müssen, die sie Ende 1989 noch nicht mal wollten. Immer vorher ganz dumm und hinterher schlauer. Das kann jeder Idiot ! Und wer sich trotzdem nach wie vor als besonders klug und weitsichtig und auf der richtigen Weltsichtseite vorkommt, der "lügt sich durch die Geschichte", wie es Helmut Kohl in seiner Rede auf den Punkt gebracht hat.

Mal sehen, wie sich heutige rotgrüne Spitzenpolitiker durch die Geschichte lügen werden, wenn ein Udo Lindenberg nicht mehr an den infantilen Text seines neuen Antikriegssongs erinnert werden will und der gesunde Menschenverstand wieder nach Deutschland zurückgekehrt ist. Mal sehen, wie man sich da wieder winden und wenden wird, wenn die Quittung für die Dümmlichkeit deutscher Außenpolitik der letzen zweieinhalb Jahre auf dem Präsentierteller liegt.

Wer glaubt noch, dass es die hohe Schule der Diplomatie war, wie Schröder und Fischer völlig ohne Not, so mir nichts, dir nichts das in Jahrzehnten gewachsene besonders gute und freundschaftliche Verhältnis Deutschlands zur Weltmacht Amerika ruiniert haben. Und wenn sich das wegen seiner Vorzugsstellung beneidete eigentlich schon erwachsen gewordene deutsche Nachkriegshätschelkind Amerikas zur hämischen Freude seiner europäischen Nachbarn selbst wieder in die spätpubertäre Ecke stellt, dann hat das wirklich nicht das geringste mit neu gewonnener Souveränität zu tun, sondern nur mit eklatanter Missachtung deutscher Interessen.

Das war genauso intelligent wie das, was nach dem unglaublich dummen Bush-Hitler-Vergleich einer deutschen Justizministerin Herta Däubler-Gmelin an unglaublich dummen und billigen antiamerikanischen Klischees vom Krieg für Öl, vom undemokratischen Amerika und vom unintelligenten, lügenden, religiös fundamentalistischen, kriegsgeilen, verbrecherischen und folternden amerikanischen Präsidenten George W. Bush durch deutsche Fernsehstuben flimmerte und einen beispiellosen hysterischen und infantilen Antiamerikanismus in Deutschland geschürt hat.

Ich frage mich, woher nahm man bloß diese provokante Selbstsicherheit, den längst überfälligen militärischen Sturz eines mörderischen Diktators, eines Terror finanzierenden Psychopathen und eines der schlimmsten Aufhetzer im arabischen Raum lautstark abzulehnen, obwohl diesen Krieg die amerikanischen Demokraten genauso befürwortet hatten,  wie die Republikaner, wie dreiviertel des amerikanischen Volkes, wie die große Mehrheit der demokratischen Staaten Europas und der Welt ebenso wie die komplette irakische Opposition einschließlich des geistigen schiitischen Oberhauptes el Sistani ?

Wieso lag es im Interesse Deutschlands, den Irakkriegswilligen in den Rücken zu fallen ? Eine Beteiligung deutscher Soldaten stand doch nie zur Debatte. Wieso war es im Interesse der Iraker, wenn diese mehrheitlich den Krieg wollten und bereit waren, den Preis der Freiheit von einer blutigen Diktatur zu zahlen, wie sie es gerade den freiheitssatten deutschen Ignoranten mittels mutiger Wahlbeteiligung klar gemacht haben ? In welchem Interesse war es aber dann ?

Natürlich wäre es im Interesse der beim Sturz Husseins und durch Sarkawi-Killer Getöteten und Verstümmelten gewesen, wenn der Krieg nicht stattgefunden hätte. Tote haben nichts von neuer Freiheit und Verstümmelte ziehen ihr die Unversehrtheit vor. Nur ihnen steht eine riesengroße Mehrheit heutiger und kommender irakischer Generationen gegenüber, von denen die deutschen "Gutmenschen" verlangen, dass sie aus Gründen der Opfervermeidung weiter in schlimmster Unterdrückung durch Husseins Familienbande leben sollen, während die deutsche Allgemeinheit jährlich ca. 6000 Verkehrstote und 90.000 Schwerverletzte beim "Krieg" auf unseren Autobahnen" billigend für hohe Mobilität und hohen Lebensstandard in Kauf nimmt. Sollen Völker in ewiger Diktatur leben, nur weil eine früher mit Che Guevara-T-Shirts herumlaufende deutsche Linke inzwischen blutige Revolutionen ablehnt, während der Che des 21.Jahrhunderts George W. Bush mit seiner hoch überlegenen amerikanischen Volksbefreiungsarmee einen revolutionären Umsturz von außen viel "billiger" als eine Opposition von innen und garantiert erfolgreich durchführen kann.

Und wenn man trotz dieser Interessenlage dem Irakkrieg nicht zustimmen wollte, warum hat man dann nicht wenigstens eine diplomatisch kluge neutrale Haltung vorgezogen, anstatt durch plumpen Antiamerikanismus in Politik und Medien die islamistischen Killer überall auf der Welt moralisch zu unterstützen, auch angesichts der Tatsache, dass in Deutschland das WTC-Attentat ungestört geplant und vorbereitet wurde, das erst die außenpolitische Wende der Amerikaner in Richtung aktiver Veränderung einer zurückgebliebenen Hass und Terror produzierenden Welt eingeleitet hat. Und die mit dieser Wende verbundene Hoffnung auf einen Dominoeffekt scheint sich gerade überall im arabischen Raum zu erfüllen, von allen erfreut oder erstaunt registriert, außer von unseren "Nahostexperten".

War es klug von Rotgrün, den Krieg lauthals als völkerrechtswidrig anzuprangern, wenn man sich wenige Jahre vorher am genauso völkerechtswidrigen Kosovokrieg eifrig beteiligt hatte und wegen Vetogefahr von China und Russland sogar die Abstimmung zu einer 1441 analogen UNO-Resolution bewußt vermied ? Apropos 1441, ich wundere mich noch heute darüber, dass es bei der deutschen Zustimmung zur Kriegsdrohung keinen Aufschrei gab. Das war nämlich ein klarer Bruch des in der Wahl versprochenen grundlegenden Neins zum Krieg, der nach öffentlicher Erklärung von Verteidigungsminister Struck einzig und allein mit "ernsthaften Konsequenzen" gemeint war. Man kann nicht mit einem Krieg drohen, den man grundsätzlich ablehnt. Der danach erfolgte und die Amerikaner besonders brüskierende plumpe Widerruf zum Widerruf auf dem Marktplatz in Goslar brachte dann wieder alles ins antiamerikanische Lot.

Und war es fair, angesichts nicht auffindbarer irakischer Massenvernichtungswaffen der Bushadministration bewusstes Lügen zu unterstellen, wenn alle westlichen Geheimdienste einschließlich des deutschen mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit von deren Existenz überzeugt waren und Hussein durch den Herauswurf der Inspektoren und durch sein Pokern bis zuletzt und mit höchstem Einsatz den Besitz von Massenvernichtungswaffen suggeriert hatte ?

Angesichts der Unfähigkeit bei der Lösung innenpolitischer Probleme wie Massenarbeitslosigkeit, demographischen Wandel oder NPD-Verbot ist es mir ein Rätsel, wie man sich außenpolitisch als oberschlauer Besserwisser aufspielend so blamieren konnte, zusätzlich zur Blamage beim Israel/Palästina-Konflikt, wo durch den Tod Arafats und den fundamentalen Fortschritten unter Abbas der Dilettantismus in deutscher und europäischer Nahostpolitik und in unseren Medien offensichtlich geworden ist ? Wer bis zuletzt Arafat als Hauptursache des ewigen Nahostkonfliktes hofiert und antiisraelische Klischees vom palästinensischen Befreiungskampf und Terror aus Verzweiflung verbreitet hat und damit jahrzehntelang Antiisraelismus und Antisemitismus in Deutschland und Europa schürte, dem sollte man künftig die Berechtigung zum Mitreden bei außenpolitischen Konflikten verwehren. Bloß wieviele blieben dann zum Mitreden noch übrig ?

Und war es nicht die pure Naivität, wie die große Mehrheit unseres Volkes der Demagogie eines Michael Moore und der antiamerikanische Billigpolemik in Politik und Medien aufsaß und sie deswegen wirklich den zum Bundeskanzler wiedergewählt hat, den sie eigentlich gar nicht mehr wiederwählen wollte und zwei Wochen vor und nach der Wahl auch nicht gewählt hätte ? Und ist es nicht zum Totlachen, wenn ein sich so einfältig anstellendes Volk wirklich glaubt, es sei klüger und moralisch besser als das amerikanische, und zum Kopfschütteln, wenn es den amerikanischen Präsidenten abgöttisch verehrt, der den Vietnamkrieg begonnen hat, aber den abgrundtief verachtet und bei seiner Wiederwahl fast in Ohnmacht fällt, der gerade zwei Völker von schlimmsten Regimen befreien ließ und dafür irgendwann den Friedensnobelpreis erhalten wird, den er schon längst für seinen erfolgreichen und konsequenten Kurswechsel in Richtung Engagement für eine freien Welt verdient gehabt hätte, auch stellvertretend für die Gesundheit und Leben für andere riskierenden und opfernden Amerikaner und Alliierten.

Nun sollte man meinen, dass es der Opposition bei einer sich innen- und außenpolitisch so dümmlich anstellenden Regierung spielend leicht fällt, Wahlen zu gewinnen. Weit gefehlt ! Trotz des rot-grünen Desasters ohne Gleichen, liegen Schröder und Fischer in der Beliebtheit immer noch vor Merkel, gelang es CDU und FDP bei der Landtagswahl in Schleswig Holstein nicht, die Mehrheit zu erringen, und sieht sich Schwarz-Gelb bei der Wahl in NRW gezwungen, auf die negativen Wahlauswirkungen der für Fischer und die Grünen hochpeinlichen Visa-Affäre zu hoffen.

Müsste sich da eine CDU nicht langsam fragen, ob sie sich im Jahre 2000 bei einer wichtigen Personalentscheidung sehr klug angestellt hat, als man glaubte, einen charismatischen CDU-Vorsitzenden und fähigen Kanzlerkandidaten durch das Gegenteil ersetzen zu müssen, nur weil auch damals hysterisch und einseitig agierende Medien eine Pienatz-Parteispendenaffäre zum Schwerstverbrechen aufgebauscht hatten.

Wer trägt eigentlich die Verantwortung in der christlich-liberale Opposition dafür, dass auch die meisten ihrer Mitglieder und Wähler irrational gegen den derzeitigen amerikanischen Präsidenten eingestellt sind und es an unmissverständlichen scharfen Gegenpositionen zur rotgrünen Außenpolitik fehlt. Eine Opposition kann nicht halbherzig agierend oder tatenlos zusehen, wie Regierung und Medien das Volk verblöden, so dass es dann beim Staatsbesuch von Bush weggesperrt werden muß und die Straße in Deutschland ausschließlich denen gehört, die schon in Berlin nach der Befreiung der Afghanen von Taliban und Bürgerkrieg mit "Bush ist ein Mörder"-Plakaten die Achse der Dummheit präsentierten.

Warum werden eigentlich Kanzlerkandidaten bei uns nicht auch direkt von den Mitgliedern der Parteien oder ihren registrierten Wählern wie in Amerika gekürt ? Das ist doch allemal demokratischer als am Frühstückstisch. Da kommt auch mal endlich ein bisschen Leben in diese langweilige parteipolitisch festgefahrene deutsche Bude voll Mittelmäßigkeit, Feigheit, Stagnation und Politikverdrossenheit, wo sich keiner hinter seiner karrieresichernden Deckung hervortraut.

Wenn die Union nicht bald die Kurve bekommt, dann wird sie im nächsten Bundeswahlkampf möglicherweise wieder von einem für sich selber und seinen Machterhalt überhaupt nicht dümmlich, sondern bauernschlau agierenden, die Zeichen der Zeit blitzschnell erkennenden und charakterlos für sich ausnutzenden Populisten Schröder vorgeführt werden, wie 2002 im Zusammenspiel mit den Medien, die mit antiamerikanischer Irakkriegspolemik die Unfähigkeit der Regierung zur Lösung der großen innenpolitischen Probleme in den Hintergrund drängten, um es danach alleine auf Schröder zu schieben. Doch zur Manipulation gehören immer zwei. Es waren vor allem die linkslastigen Medien, die Stoiber trotz bester Referenzen nicht wollten.

Aber warum sollen Medienredakteure klüger sein als eine deutsche Justizministerin, als die intellektuelle Oberschicht oder eine Lehrerschaft, die unseren Kindern, Jugendlichen und Studenten alles andere als das politische Einmaleins beibringt, wie man in diversen politischen Internetforen erschreckend nachlesen kann. Wir hinken eben immer 20 Jahre hinter Amerika zurück und deshalb werden die nach der deutschen "Talibanzeit" schon einmal sehr großzügigen Amerikaner dem dümmlichen Deutschland das nicht ewig nachtragen, auch im Wissen darum, dass die Dümmlichkeit eines Volkes immer etwas mit der Dümmlichkeit seiner "Eliten" zu tun hat.


Reaktionen deutscher Zeitungsredaktionen: Keine

Mail von Dr. Andrew B. Denison
Dozent, Kommentator, Publizist und Forscher im Bereich der Außen-
und Sicherheitspolitik. mit dem Schwerpunkt Transatlantische Beziehungen,
bekannt durch Fernsehpolitrunden

Nachtrag (2007): Angesichts der heutigen Probleme in Afghanistan, kann sich jeder vorstellen, wie groß diese Probleme schon vor 3-4 Jahren gewesen wären, wenn sich die tausenden El-Quaida-Teroristen aus aller Welt nicht auf den Irak, sondern auf Afghanistan gestürzt hätten. Die Entscheidung zum Irakkrieg ist auch deshalb gefallen, weil angesichts der relativen Ruhe in Afghanistan nach Vertreibung von El-Quaida und dem Sturz der Taliban nicht mit einem derartigen Ausmaß des Eindringens ausländischer islamofaschistischer Killer in den Irak zu rechnen war. Und niemand hat das vorausgesehen, geschweige denn vorausgesagt.